48 Stunden in Rio de Janeiro
Karnevalhauptstadt, Fußball-Verrückt und Copacabana – diese Schlagwörter fallen mir sofort ein, wenn ich an Rio de Janeiro denke. Mit seinen rund 6 Millionen Einwohnern zählt Rio nach Sao Paulo als zweitgrößte Stadt Brasiliens – weist jedoch gänzliche andere Strukturen auf.
Statt grauer Hochhausschluchten wie in Sao Paulo findet man in Rio kilometerlange Sandstrände und den größten Stadtwald der Welt. Laut einer Studie soll über Rio sogar weltweit der blaueste Himmel hängen. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass dieser manchmal auch sehr grau sein kann.
Eigentlich bereiste ich Rio zusammen mit meinem Mann im Frühling, was die Temperaturen im November auch erahnen ließen. Aber es war verdammt nass. Davon haben wir uns unseren Urlaub jedoch nicht verderben lassen. Denn Rio hat eindeutig mehr zu bieten als Copacabana und Zuckerhut. So zum Beispiel den Stadtwald Floresta da Tijuca, der mit Wasserfällen inmitten des Urwalds aufwartet. Unter diesen Blättern haben wir Schutz vor den Regentropfen gefunden – sowie Ruhe und atemberaubende Eindrücke.
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In Rio spürt man das Leben
Beeindruckend war auch der Botanische Garten, der Jardim Botânico do Rio de Janeiro. Auf einer Fläche von etwa 140 Hektar beherbergt der Botanische Garten etwa 6.500 Pflanzen-Arten, darunter auch einige vom Aussterben bedrohte. Seine Highlights: die Amazonas-Riesenseerose, ein Treibhaus mit fleischfressenden Pflanzen und die Aleia Barbosa Rodrigues – eine vom Eingansportal abgehende Allee, die von gewaltigen Königspalmen gesäumt ist.
Selbstverständlich haben wir uns aber auch die Strände Ipanema und Copacabana angeschaut. Bei Regen und bei Sonnenschein. Wir fanden beides gigantisch. Während bei schlechtem Wetter die Wellen laut an den vier Kilometer langen Sandstrand der Copacabana krachten, genossen wir bei Sonnenschein den Saft einer Kokusnuss direkt aus ihrer Schale und kauften einen Bikini von einem der zahlreichen Strandverkäufern.
Christusstatue und Zuckerhut standen ebenfalls auf unserem Programm – bei Sonnenschein. Beide Sehenswürdigkeiten waren toll, aber auch sehr touristisch. Fast schon zu touristisch. Sowohl auf dem Zuckerhut, von welchem man wirklich eine beeindruckende Sicht über Rio hat, als auch auf der Plattform der Christusstatue drängelten sich die Menschen wie Silvester auf der Hamburger Reeperbahn. Das muss man mögen. Wir genossen die 30 Meter hohe Statue lieber von der Dachterrasse unseres Hostels aus – mit einem Glas Wein in der Hand. Selbiges galt auch für den Zuckerhut, hinter dem bei gutem Wetter die Sonne in einem Feuerwerk aus roten und gelben Farben verschwand.
Fairerweise sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass wir uns für Rio eine Woche Zeit ließen. Wer Rio nur 48 Stunden bereist, muss sich entscheiden, was er sehen möchte. Eine Übersicht darüber findet Ihr unter der Rubrik: Was man sehen muss.
Zur Einstimmung auf eure Reise, vorab aber ein paar Fakten, die ich noch nicht über Rio wusste. Ein paar davon werden euch sicher zum Lachen bringen.
5 Dinge, die ich noch nicht über Rio wusste
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- Rio de Janeiro bedeutet Fluss des Januars, aber der Fluss ist in Wirklichkeit eine Bucht. Ursprung dieser Namensgebung war ein Missverständnis: Als der portugiesische Entdecker Gaspar de Lemos 1502 in Rios Guanabara-Bucht einsegelte, dachte er, sie wäre die Mündung eines großen Flusses. Ist sie aber nicht.
- Die meisten Sambaschulen Rios findet man in den Favelas, von denen es in Rio rund 1.000 gibt. Rund ein Viertel der Einheimischen, der so genannten Cariocas, leben in diesen Slums, die sich illegal an den Bergen Rios ansiedeln und wie die gleichnamige Kletterpflanze Favela an ihr hochranken.
- Neben Karneval und Beachsoccer-Spielen an der Copacabana kann die Stadt auch ganz leise: in der achtgrößten Bibliothek der Welt. Als die portugiesische Königsfamilie 1807 vor Napoleon nach Rio floh, brachte sie die königliche Bibliothek mit 60.000 Bänden mit. Heute verfügt die Nationalbibliothek über insgesamt 15 Millionen Medien.
- Leise ging es einst auch beim bestbesuchtesten Fußballspiel aller Zeiten zu. Als 1950 im Stadion Estádio do Maracanã das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft zwischen Brasilien und Uruguay ausgetragen wurde, verfolgten im damals größten Fußballstadion der Welt 173.850 zahlende und etwa 20.000 nichtzahlende Gäste das Spiel. Als Uruguay siegte, verstummten die Brasilianer. Diese Stille war so prägnant, dass die Brasilianer ihr einen eigenen Namen gaben: Maracanazo.
- Rio verfügt über einen König. Einmal im Jahr zu Karneval. Dann wird die Stadt vom mythischen König Momo regiert, der meist eine Statur wie der Weihnachtsmann hat und fortan die Party-Herrschaft sowie den Sieg der Freiheit über die Vernunft symbolisiert. Erst wenn er vom Bürgermeister den Stadtschlüssel überreicht bekommt, kann das maior festa do mundo beginnen, das größte Fest der Welt, wie die Einheimischen den Karneval nennen.
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Fun Facts
Zu den Olympischen Sommerspielen 2016 stellte Rio de Janeiro einen ganz besonderen Rekord auf. Um die testosterongetränkten Sportler und Sportlerinnen vor dem grassierenden Zika-Virus zu schützen, verteilten sie 450.000 kostenlose Kondome an die rund 10.500 Athleten. Das macht rund 42 Kondome für jeden und rund drei Mal so viele wie noch 2012 in London.
Niemand steigt so schnell in einen Bus ein und wieder aus wie die Bewohner von Rio. 1,85 Sekunden brauchen sie durchschnittlich für die Aktion. Zum Vergleich: Londoner Pendler benötigen 2,4 Sekunden – wenn sie geübt sind.
Wo schlafe ich?
Rio ist teuer. Jedenfalls wenn man in einem guten Hotel nahe der Copacabana übernachtet. Wir haben uns daher für ein kleines Hostel entschieden, das Rio Nature Comfort. Mittlerweile scheint das Hotel renoviert worden zu sein, und verfügt über 2 Sterne, was die Unterkunft eindeutig aufwertet.
Das tolle an dem Hotel ist seine Lage. Es liegt mitten in den Bergen, wobei man mit dem Bus oder einem Taxi schnell in die Stadt und an den Strand kommt. Wenn man jedoch von der Dachterrasse über Rio schaut, will man manchmal gar nicht weg. Sowohl Christusstatue als auch Zuckerhut sind perfekt zu sehen und ein absolutes Highlight.
Überzeugt hat mich auch der Pool, welcher am Fuß einer Felswand liegt. Abends saßen wir hier oft noch mit einem Glas Wein und lauschten dem Konzert der Frösche, die nahe der Felswand im Schutz tropischer Pflanzen saßen und allabendlich ihr Quakkonzert gaben. Für mich war das Urwaldfeeling pur. Manch ein Gast hat auf der Anlage sogar kleine Affen getroffen, die ihm beim Frühstück Gesellschaft leisteten.
Weniger schön war damals der Zustand des Hostels. Da es ein Treffpunkt von Jugendlichen war, die überwiegend in Meerbettzimmern übernachteten, war der Umgang mit dem Thema Sauberkeit nicht so, wie wir es uns erhofft haben. Aber vermutlich waren wir damals einfach schon ein bisschen zu alt für diese Art von Urlaub. Ein Erlebnis war es dennoch und vielleicht würden wir es nach den Renovierungsarbeiten sogar noch einmal buchen. Der Blick über Rio entschädigt für vieles.
Wer im Urlaub Wert auf Luxus legt, der sollte hier jedoch nicht einbuchen und sich lieber eine Unterkunft nahe der Copacabana suchen. Zur Auswahl steht beispielsweise das Vier-Sterne-Hotel Windsor Leme. Mit seiner Lage rund eine Minute von der Copacabana entfernt eignet es sich ideal für Strandurlauber.
Mit noch mehr Luxus wartet das Sheraton Grand Rio Hotel & Resort auf. Das Fünf-Sterne-Hotel befindet sich direkt am Strand von Leblon im Süden von Rio de Janeiro. Ausgestattet ist es mit Spa, Fitnesscenter, Restaurant sowie einem Poolbereich in einer grünen, tropischen Landschaft mit einer großen Terrasse und einem Whirlpool mit Meerblick.
Was muss ich sehen?
Wie oben beschrieben, hat Rio so einiges zu bieten. In 48 Stunden lässt sich die Stadt jedoch nur in Teilen erkunden. Damit man sie dennoch genießen kann, würde ich bei einem zweitägigen Aufenthalt Prioritäten setzen und meine Ausflüge dem Wetter anpassen. Zeigt der Himmel mal wieder sein schönstes Blau, empfehle ich die klassischen Sehenswürdigkeiten:
Besichtigen Sie früh morgens die Christusstatue. Dann ist es noch nicht so heiß und der Andrang auf Cristo Redentor nicht so groß. Genießen Sie von der Plattform auf dem 710 Meter hohen Berg Corcovado die atemberaubende Aussicht auf die Guanabara-Bucht und den Zuckerhut. Erreichbar ist die Statue mit einer Höhe von 30 und einer Spannweite von 28 Metern über eine Bergbahn. Übrigens: Die Statue wurde 2007 zu einem der neuen 7 Weltwunder gewählt.
Danach empfehle ich einen Besuch der Copacabana. Hier kann man sich von dem Gewusel auf der Christusstatue erholen, den Saft einer Kokusnuss schlürfen und das rege Treiben einfach auf sich wirken lassen.
Gut erholt und erfrischt kann es dann weiter auf den Zuckerhut gehen. Auch hier erwartet Sie eine super Aussicht über Stadt und Meer. Sportliche können sogar einen Teil der Strecke auf den rund 400 Meter hohen Berg über einen Wanderweg zurücklegen. Die restliche Strecke fährt man mit einer Seilbahn. Oder eben die ganze.
Nach diesen drei Highlights empfehle ich den Tag ausklingen zu lassen, am besten mit einem leckeren Essen in der Stadt und anschließendem Cocktailtrinken. Aber Vorsicht: Die brasilianischen Caipirinhas ziehen einem die Socken aus.
Am zweiten Tag lohnen sich ein Besuch des Botanischen Gartens und ein Stadtbummel. Danach kann man den Tag am Strand Ipanema ausklingen lassen.
Sollte es regnen, würde ich Christusstatue und Zuckerhut meiden. Die Aussicht ist bei wolkenbehangenem Himmel einfach nicht gegeben. Dann empfehle ich einen ausgiebigen Besuch des Botanischen Gartens. Danach kann man mit dem Regenschirm an der Copacabana entlang laufen und einen Stadtbummel unternehmen. Ebenfalls empfehlenswert: Ein ausgiebiger Besuch des Stadtwaldes, wo man locker einen kompletten Tag verbringen kann. Oder Sie besuchen die Escadaria Selarón. Diese Treppe besteht aus über 250 Stufen, die vom brasilianischen Künster Jorge Selarón mit bunt bemalten Fliesen aus zahlreichen Ländern verziert wurde und noch immer verziert wird. Ein bunter Farbklecks an einem sonst eher grauen Tag.
Für einige Touristen zählt der Besuch einer Favela ebenfalls zu einem richtigen Rio Besuch dazu. Hier sollte man aber nicht auf eigene Faust losstapfen sondern sich einer geführten Tour anschließen. Ansonsten kann der Besuch in den Armenvierteln gefährlich werden.
Was esse ich?
Diese Frage kann ich bis heute nicht richtig beantworten. Da die meisten Speisekarten nur auf Portugiesisch angeboten werden, haben wir selten etwas verstanden. Was ich aber verstanden habe, ist, dass man meistens Fleisch und Beilagen einzeln bestellen muss. Als wir einmal ein Fleisch-Gericht orderten, wurden uns drei Koteletts serviert – ohne alles. Wir haben daraufhin noch einmal Pommes dazu bestellt.
Meiner Erfahrung nach wird viel Fast Food angeboten. Laut Süddeutsche.de soll die Küche aber süß, scharf, aromatisch und bunt sein. Sie empfehlen in Rio das brasilianische Nationalgericht, die feijoada, zu probieren. Dabei handelt es sich um einen Eintopf aus schwarzen Bohnen, Fleisch, weißem Reis und farinha, geröstetes Maniokmehl.
Was mache ich abends?
Ich selbst war abends meistens so erledigt, dass wir in unserem Hotel nur noch gechillt haben. Wir schwommen im Pool, lauschten den Fröschen oder genossen die Aussicht auf Christusstatue und Zuckerhut. Ich habe aber gehört, dass man am Montagabend an den Salzfelsen der Pedra do Sal zusammen mit Einheimischen Samba-Darbietungen erleben kann. Die in den Fels gehauenen Stufen dienen dabei als Tribüne. An den Fassaden sieht man Straßenkunst, die den Existenzkampf der afro-brasilianischen Gemeinschaft abbilden.
Was darf ich auf keinen Fall verpassen?
Wer in Rio Halt macht, sollte sich unbedingt ein Beachsoccer- oder Beachvolleyball-Spiel an der Copacabana anschauen. So viel Lebensfreude wie hier spürt man selten. Selbiges gilt für den Besuch einer Samba-Schule, wo Sie unter Einheimischen den Hüftschwung üben.
Was muss ich sonst noch wissen?
Rio ist gefährlich. So jedenfalls lautet das Credo in zahlreichen Berichten. Wir selbst haben das nicht so empfunden. Zu keiner Zeit fühlten wir uns bedroht, allerdings haben wir uns auch an die klassischen Spielregeln gehalten: kein Schmuck, keine großen Geldscheine und immer auf die Wertsachen aufpassen. Einsame Gassen haben wir gemieden, und um die Favelas einen Bogen gemacht.