Nachhaltig Reisen in Europa – grüne Reiseziele

21.10.2019

Reisen erweitert den Horizont, lässt uns mit allen Sinnen erleben und verleiht uns das Gefühl unbändiger Freiheit. Lange Zeit ging der Trend hin zu “öfter, schneller, weiter”, doch in Zeiten von Flugscham, Overcrowding und einer drohenden Klimakatastrophe ist es Zeit für ein Umdenken. “Langsamer, nachhaltiger, bewusster” muss die Devise lauten, wenn wir auch in Zukunft die Einzigartigkeit unserer Erde erleben möchten. 

Die Lösung: Slow Travel, also langsameres, bewusstes Reisen und die Wahl nachhaltiger Urlaubsoptionen. Indem wir umweltfreundlicher reisen, rückt auch das eigentliche Erlebnis wieder in den Vordergrund. Indem wir uns für Reiseveranstalter, Unterkünfte und Destinationen entschieden, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben, tragen wir aktiv zur sanften Entwicklung des Tourismus bei. Diese berücksichtigt neben dem Erhalt der Natur auch die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung.

In den letzten Jahren durfte ich einige nachhaltige Reiseziele und -veranstalter kennenlernen. Ich liebe den ansteckenden Enthusiasmus der Menschen hinter solchen Projekten, ihre gelebte Gastfreundschaft und ihren Drang, etwas zu bewegen. Wer in ihre leuchtenden Augen blickt, während Sie von Ihren Projekten erzählen, fühlt sich gleich ganz nah dran an Land und Leuten.

Vier besonders inspirierende Beispiele für nachhaltige Reiseziele und -veranstalter, die ich in den letzten Jahren besucht habe, stelle ich in diesem Artikel vor:

Im Einklang mit der Natur in Lappland

2010 verbrachte ich vier Monate auf dem Gehöft Solberget in Schwedisch-Lappland. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert befindet sich mitten in der Wildnis und in unmittelbarer Nähe zum nördlichen Polarkreis. „Wildnis” ist hier übrigens wörtlich zu nehmen, denn das Gebäude ist nicht ans öffentliche Strom- und Wassernetz angeschlossen.

Das deutsche Besitzerehepaar Silke und Dirk Hagenbuch hat sich bewusst für ein Leben im Einklang mit der Natur entschieden. Das bedeutet: Frischwasser aus der Waldquelle, lichtspendende Petroleumlampen und mollige Wärme auch an eisigen Wintertagen dank gusseiserner, holzbefeuerter Öfen. Wer auf Solberget zu Gast ist, wird aktiv in den Alltag auf dem Hof involviert. Die Unterkunft ist ökologisch, die Verpflegung landestypisch, Natur und Kultur authentisch.

In guter Erinnerung habe ich zum Beispiel die Saunaabende in geselliger Runde oder meine unvergessliche Schlittenfahrt mit den hofeigenen Rentieren durch die verschneite Winterlandschaft. Und ich werde wiederkommen: Besonders freue ich mich auf ausgedehnte Schneeschuhwanderungen oder darauf, ein Iglu zu bauen.

Naturverträglich und authentisch in Montenegro
Bei der Planung einer Reise durch Montenegro im Juni 2016 stieß ich auf den Öko-Reiseveranstalter Undiscovered Montenegro. Gegründet wurde das Unternehmen in der Nähe des Skutarisees, dem größten Süßwassersee Südeuropas, von den zwei Briten Emma und Ben Heywood. Sie haben hier ihr ganz persönliches Paradies gefunden und führen Urlauber durch die unberührte Natur der Region. Einmalige Begegnungen mit Einheimischen gehörten ebenso zu meiner Tour wie die Übernachtung in der umweltfreundlich renovierten historischen Villa Miela.

Meine Highlights waren eine Kanutour und ein Kaffeklatsch bei den Nonnen im Inselkloster. Bei allen Aktivitäten von Undiscovered Montenegro steht die Naturverträglichkeit sowie die Unterstützung lokaler Einrichtungen im Vordergrund. Zudem geht ein Anteil jeder gebuchten Tour an den Tierschutz sowie lokale Umwelt- und Entwicklungsprojekte.

Nachhaltig und künstlerisch in Portugal
Eine Recherchereise führte mich 2018 nach Cerdeira, ein verschlafenes Dorf in den Bergen Portugals. Seine ursprünglichen Bewohner waren Ziegenhirten, die vor gut einem halben Jahrhundert wegzogen, um in der Stadt ihr Glück zu suchen. Daraufhin verfiel das Dorf und wurde Stück für Stück von der Natur zurückerobert.

Die in Portugal lebende Deutsche Kerstin Thomas entdeckte Cerdeira im Jahr 1988 wieder und machte sich den Wiederaufbau zum Ziel. Ihre Vision: dem Ort auf traditionelle und nachhaltige Weise neues Leben einzuhauchen. Keine einfache Aufgabe ohne fließendes Wasser, Strom und ordentliche Straßenverhältnisse.

Inzwischen jedoch erstrahlen die einstigen Ruinen in neuem Glanz. Die aufpolierten Schieferhäuschen beherbergen heute ein Café mit Galerie, eine Bibliothek, ein Museum, einen Laden sowie Ferienwohnungen und eine Künstlerresidenz. Die biologische Bausubstanz sorgt für natürliche Isolierung, Strom und Wärme werden aus Sonnen- und Windenergie gewonnen. Das Trinkwasser kommt direkt aus der eigenen Quelle.

Bei der Inneneinrichtung wurden bewusst regionale Materialien gewählt. Lokale Handwerker und Kunstschaffende durften ebenfalls mitwirken. Die künstlerische Komponente Cerdeiras ist bis heute präsent: Kerstin ist selbst Holzbildhauerin und bietet Workshops und so genannte “Creative Experiences” an. Hierbei handelt es sich um Schnupper-Kurse, bei denen Ton, Schiefer oder Holz verarbeitet werden.

Mir persönlich hat die Arbeit mit Ton am meisten Spaß gemacht. Ich konnte mich nicht nur kreativ austoben, sondern lernte auch noch allerhand über die Geschichte der figurativen Keramik in Portugal. Ein tolles Erlebnis.

Vorbildlich und herzlich in Griechenland
Ein wunderbares Beispiel, was dabei herauskommt, wenn eine ganze Gemeinde beim Umweltschutz an einem Strang zieht, ist die Insel Lipsi in Griechenland. Hierhin reiste ich im September 2018. Das nur 16 Quadratkilometer kleine Eiland im Dodekanes-Archipel ist stolz darauf, unverfälscht, herzlich und naturnah zu sein. Und das nicht erst seit gestern: Bereits 1988 legte der Gemeinderat fest, dass Hotels mit mehr als 60 Betten unerwünscht sind. Stattdessen profitieren die Einwohner Lipsis durch die Vermietung privater Unterkünfte direkt vom Tourismus und bieten Gästen ein persönliches Urlaubserlebnis.

Auch sonst wurden bewusste Entscheidungen gegen den Massentourismus getroffen: An keinem der 26 naturbelassenen Strände von Lipsi gibt es einen Verleih von Liegestühlen, Sonnenschirmen oder Wassersportgeräten. Lediglich an zwei Strände findet man je eine kleine Taverne. Dafür kann man die Natur bei umweltverträglichen Aktivitäten erleben, darunter Schwimmen und Schnorcheln, Mountainbiken und Wandern.

Lipsis ganzer Stolz sind die lokalen Produkte wie Käse, Honig, Wein und Fisch, die in der Gastronomie auf der Insel serviert werden. Urlaub wie bei Freunden eben.

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