Serbien entdecken -- der Geheimtipp unter den Balkanstaaten

03.07.2016

Serbien ist vielleicht als osteuropäisches Reisziel nicht so bekannt wie Tschechien, Bulgarien oder Kroatien. Durch seine ereignisreiche Vergangenheit, die vielfältige Landschaft und verschiedene kulturelle Einflüsse hat das Land aber durchaus das Potenzial, ein attraktives Reiseland zu werden. Noch nicht vom Massentourismus überrollt hat man hier auf alle Fälle noch die Möglichkeit, das Land völlig unvoreingenommen zu entdecken und sich von neuen Eindrücken überraschen zu lassen.

Die Savebrücke ist eines der Wahrzeichen Belgrads -- und vor allem Nachts ein Spektakel.

Serbien befindet sich im Herzen der Balkaninsel und ist mit seinen ca. 77.000 Quadratkilometern ungefähr so groß wie Österreich. Wie viele Balkanländer ist auch Serbien multikulturell von Serben, Ungarn, Slowaken, Kroaten und Rumänen geprägt. Die meisten Bewohner der Republik sprechen serbisch und schreiben Kyrillisch. Die Landeswährung ist der Serbische Dinar -- ein Dinar entspricht 80 Cent. Die Hauptstadt Belgrad liegt im Norden, im wirtschaftlichen Zentrum Serbiens. Sie gehört zu den ältesten Städten Europas und wird als Tor zum Balkan bezeichnet.

Belgrad -- eine Stadt, viele Widersprüche

Neben grünen Parkanlagen und pompösen Sehenswürdigkeiten ist das Stadtbild von Belgrad geprägt von byzantinischen Gebäuden, zerbombten Häusern und gläsernen Wolkenkratzern. Diese unterschiedlichen Seiten der Stadt finden sich auch im Lifestyle der Serben wieder. Die Mode der Einheimischen reicht von traditionellen Gewändern bis hin zu moderner Kleidung mit übertriebenen Schnitten. Alte, zerbeulte Autos teilen sich die Straße mit neuen Karossen und Traktoren. Die traditionelle Brass-Musik wird in den Lokalen genauso zelebriert wie die moderne elektronische Tanzmusik. Eingekauft wird auf traditionellen Bauernmärkten sowie in riesigen Shopping Malls.

Belgrad ist mittlerweile sehr beliebt bei der serbischen Jugend.

Genau dieser Mix macht Belgrad einzigartig und interessant. Egal in welche Straße man einbiegt, welches Lokal man betritt oder auf welche Person man trifft -- man weiß nie, was einen erwartet.

Der historische Kern von Belgrad

Den Blick von der Festung über die Stadt sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.

Durch die hügelige Stadt schlängeln sich die beiden Flüsse Donau und Save. Genau am Zusammenfluss dieser beiden Flüsse thront die Festung Kalemegdan auf Kalksteinfelsen über Belgrad. Die alten Ruinen erinnern an die mittelalterliche Festung aus dem 15. Jahrhundert und beherbergen den größten Park der Stadt. Zum Parkgelände gehören ein Militärmuseum, ein Kunstpavillon, ein zoologischer Garten und verschiedene Sportplätze. Des Weiteren hat man von der Festung aus den schönsten Blick über die Stadt und die Mündung der Save in die Donau.

Das größte orthodoxe Gotteshaus auf dem Balkan

Die Kathedrale des Heiligen Save ist noch lange nicht fertig, aber bereits jetzt eines der schönsten Bauwerke Belgrads.

Das Wahrzeichen Belgrads ist die weiße Kathedrale des Heiligen Save mit ihren grünen Kuppeln. Sie sollte einst die größte orthodoxe Kirche der Welt werden. Durch den zweiten Weltkrieg wurde sie jedoch nicht vollendet und befindet sich teilweise immer noch im Bau. Da im Inneren noch viele Wandbilder erstellt werden müssen, kann man im Untergeschoss der Kathedrale Künstler beim zusammensetzen von großen Mosaiken beobachten. In den Abendstunden erstrahlen das imposante Gebäude und die umliegenden Springbrunnen. Dadurch entsteht eine tolle Atmosphäre von Ruhe und Gelassenheit inmitten des hektischen Treibens der Hauptstadt.

Ländliche Atmosphäre im Großstadtgetümmel

Auf großen Plätzen, in kleinen Gassen, Straßenunterführungen oder Markthallten -- in Belgrad findet man an vielen Orten Bauernmärkte. Hier wird Obst und Gemüse aus dem Umland angeboten und selbstgemachte Aufstriche sowie Käse, Fleisch und Kuchen verkauft. Meist verkaufen die Bauern ihre Ware aus kleinen, einfachen Ständen mit Wellblechdach.

Traditionell geht man in Belgrad auf Bauernmärkten einkaufen.

Die Preise auf den Märkten sind sehr günstig. Möchte man nur drei Feigen und zwei Zwiebeln kaufen, bekommt man das gewünschte Obst auch mal kostenlos mit einem Kopfschütteln in die Hand gedrückt. Denn solche kleinen Mengen können durch die günstigen Preise schwer abgerechnet werden. Feilschen ist hier eher untypisch. Einer der ältesten Bauernmärkte findet in der Pijaca Zeleni Venac statt, einer mehrstöckige Markthalle mit Freigelände.

Rund um die Uhr

Die ganze Stadt ist durchzogen mit niedlichen, kleinen Gassen, die man am besten zu Fuß erkundet.

Das gemütlichste und gleichzeitig älteste Stadtviertel der Stadt ist das Bohémeviertel namens Skardarklija. Besonders abends herrscht hier ein buntes Treiben. Aus den vielen Cafes, Bars und Restaurants erklingen die Lieder von Folklore-Sängern oder Livebands. Besonders die Straße Skadarska ist beliebt. Viele Nachtschwärmer flanieren die Kopfsteinstraße hoch und runter. Die kleinen Häuser mit ihren bunten Fassaden bringen Gemütlichkeit in die lebendige Straße. Möchte man die traditionelle, serbische Küche probieren, ist man im Restaurant Tri Sesira in der Skadarska 29 genau richtig. Es gehört zu den ältesten Restaurants der Stadt und überzeugt mit seiner gemütlichen Einrichtung und hauseigener Band.

Die Hausboote an den Ufern der Save und der Donau sind vor allem bei jungen Leuten beliebte Orte zum Feiern.

Das Nachtleben in Belgrad findet am Wasser statt. Zahlreiche Hausboote liegen an den Ufern der Save und der Donau. Denn hier, entfernt von jeglichen Anwohnern, können die Bars und Clubs auf den schwimmenden Booten die Musik laut aufdrehen und das Publikum die milden Sommernächte draußen verbringen. Vom Wasser aus hat man einen tollen Blick auf die angestrahlten Gebäude der Stadt und die beleuchtete Festung Kalemegdan.

Ziveli!" - "Prost!"

Egal wo man hinkommt, die Leute sind sehr ruhig, etwas zurückgezogen und kurz angebunden. Hat man aber einmal Interesse an ihrer Kultur und Lebensweise gezeigt, findet man sich in einer sehr geselligen und gastfreundschaftlichen Gesellschaft wieder. Schnell wird man zu einem Bier, einem Schnaps oder sogar einem ganzen Abendessen eingeladen. Ist das Eis einmal gebrochen, wird man herzlich in die Runde aufgenommen und bevor man sich versieht, kennt man am Ende die Leute aus dem gesamten Restaurant.

Angestoßen wird regelmäßig und zu jedem Anlass mit einem sogenannten Sliwowitz (eine Art Obstbrand). Oft spielen Livebands in Restaurants. Egal ob es eine ganze Band mit Trompeten und Trommlern ist oder nur zwei Gitarrenspieler, am Ende singen alle zusammen die traditionellen Folklorelieder und eröffnen die Tanzfläche.

Dorfleben in Zentralserbien

Sobald man aus der Hauptstadt rausgefahren ist stellt man fest, dass die Landschaft zersiedelt ist. Die vereinzelten Häuser sind oftmals verfallen und die Straßen teilweise marode. Hier im Hinterland Šumadija dominiert eher die Schönheit der Natur.

Möchte man die Landschaft von Serbien näher erkunden und sich auf eine Wanderung aufmachen, ist das Dorf Ovčar Banja der perfekte Ausgangsort. Der kleine Kurort liegt eingebetet in der Schlucht Ovčarsko-Kablarska Klisura und ist umgeben von dichten, grünen Wäldern.

Wandern in wilder Natur

Das Schöne an Serbien ist die nahezu unberührte Natur.

Bevor man sich auf die Wanderung begibt, sollte man sich vorher lieber eine Landkarte besorgen, um nicht vom Weg abzukommen. Viele Geschichten von verlaufenen Touristen kursieren in den Restaurants und Hotels in der Umgebung. Tatsächlich sind die Wanderwege nicht gut ausgeschildert. Nur vereinzelt findet man kleine, farbige Punkte auf Bäumen, die einen bestimmten Wanderweg markieren, welche auch mal im Nirgendwo enden können. Während der ganztägigen Wandertour durch weite Felder, weitläufige Obstgärten, dichte Wälder und wilde Wiesen begegnet man keinem einzigen Wanderer. Nur das vereinzelte, weit entfernte Hacken der Holzfäller zeigt, dass man nicht ganz allein ist. Trotz der großen Feigenplantagen und der zahlreichen Tomaten- und Kohlbeete sollte Proviant nicht vergessen werden, denn Gaststätten sind hier in der wilden Natur rar gesät.

Der Fluss Zapadna schlängelt sich malerisch durch das Tal. Ein Aufstieg auf die umliegenden Gipfel lohnt sich allemal für diesen Anblick.

Erklimmt man die umliegenden Berge, hat man einen tollen Blick auf den Fluss Zapadna, der sich durch die bewaldeten Berge schlängelt. Mehrere erhöhte Aussichtspunkte sind nur mit viel Anstrengung und guter Ausrüstung zu erreichen, doch der Blick auf das fruchtbare Flusstal und die Abstecher in die umliegenden Felshöhlen sind die Anstrengung wert.

Zahlreiche Klöster finden sich auf den Gipfeln der Berge um Ovar Banja.

Die Berge um Ovar Banja werden auch „die heiligen Berge von Serbien“ genannt. Denn zwischen den Schluchten und in den Bergen liegen zehn Klöster, eines älter und schöner als das Andere. Meist sind die Klöster mit ihren bunt bemalten Wänden, Fresken und farbenfrohen Mosaikfenstern von einem kleinen Garten umgeben. Jedermann hat Zutritt und kann die Klöster kostenlos von Innen besichtigen.

Serbische Brassmusik

Besonders berühmt ist Serbien für seine impulsive und mitreißende Blasmusik. Werden die ersten Trompetentöne gespielt, hält es keinen mehr auf den Stühlen. Egal ob jung oder alt, jeder fasst sich an den Händen und tanzt zusammen den Kolo. Kolo ist ein Reigentanz, bei dem nie zwei Füße den Boden gleichzeitig berühren. Die Blasmusik ist der Rock'n'Roll Serbiens und wird in der Nachbarprovinz Guca auf dem jährlichen Blasmusikfestival wild und ausgiebig gefeiert. Hier inmitten der wilden Natur treffen sich jedes Jahr im August über 400.000 Menschen, um den Wettstreit der besten Blaskapellen mitzuerleben.

Fazit:

Serbien ist wild und strahlt doch Ruhe aus, es ist gastfreundlich und dennoch verschlossen. Es folgt den neuesten Trends und hält trotzdem an alten Traditionen fest. Es ist ein eigensinniges Land, mit vielen Widersprüchen welches sich unbemerkt im Aufbruch befindet.

Man sollte es also schnell für sich entdecken, bevor es viele andere Touristen tun!

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